„Harte Pionierarbeit“ (Leserbrief) – Zum Gastbeitrag „Falsche Partner für Islamunterricht gewählt“ der Landtagsabgeordneten Sabine Waschke (SPD), in der Fuldaer Zeitung von Mittwoch, dem 24. August 2016
Seit seiner Einführung wird der Islamische Religionsunterricht in Hessen (IRU) immer wieder vor Allem für das Konzept der Bekenntnisorientierung kritisiert. Während es in allen deutschen Bundesländern unterschiedliche Konzepte des islamischen Religionsunterrichts gibt, hat sich die hessische Landesregierung dafür entschieden, die islamischen den christlichen Konfessionen gleichzustellen. Hierzu arbeitet das Land mit zwei zuvor juristisch und religiös begutachteten muslimischen Verbänden zusammen; dem hessischen Landesverband der DITIB und der Ahmadiyya Muslim Jamaat; die übrigens als einziger muslimischer Verband in Deutschland den Körperschaftsstatus besitzt und die gerade von Frau Prof. Schröter auch mehrfach für ihre Offenheit und Diskussionsbereitschaft gelobt wurde. Und bei aller berechtigten Kritik an der DITIB, die diese sich auch aufgrund der aktuellen Politik in der Türkei gefallen lassen muss, gehen doch einige der von Frau Waschke in ihrem Beitrag zitierten Aussagen an der Realität des islamischen Religionsunterrichts in Hessen vorbei. Ich selbst bin Mitglied der Ahmadiyya und unterrichte Islamischen Religionsunterricht an einer Grundschule. Im kommenden Schuljahr startet die 4. Grundschulklasse. Die Sekundarstufe beginnt frühestens im nächsten Schuljahr. Natürlich werden in der Grundschule auch Fragen zu Terrorismus und Gewalt, sowie zu Geschlechterunterschieden behandelt – das bedingt schon die Lebensrealität der Kinder. Die Forderung nach einer Koranexegese in der Grundschule halte ich aber für arg überzogen. Zudem ist es genau der falsche Weg, aus einer Defensive heraus extremistischen Kräften quasi die Deutungshoheit über den Islam zu überlassen und damit indirekt jungen Muslimen „beizubringen“, man müsse sich als Muslim in Deutschland zuerst einmal mit den Vorurteilen auseinandersetzen, man hasse Andersgläubige, würde Terrorismus legitimieren und sähe Frauen und Mädchen als minderwertig an. Im Gegenteil ist das Ziel ein guter Religionsunterricht, der das Selbstbewusstsein muslimischer Kinder stärkt und sie gemäß den Lehren des Korans zur kritischen Reflexion mit ihrer Umwelt (und auch ihren eigenen Traditionen) animiert. Dies umzusetzen ist in Deutschland harte Pionierarbeit.
ABGEDRUCKT in der Fuldaer Zeitung vom 31. August 2016 unter dem Titel “Harte Pionierarbeit” (in leicht gekürzter Form)