„Da schwingen Vorurteile mit“ (Leserbrief) – Zum Kommentar „Eine Klagewelle droht“ von Johannes Heller (14. März, Seite 4) und zum Leserbrief „Richter haben falsch entschieden“ von Ingrid Koch (17. März, Seite 4) in der Fuldaer Zeitung.
Es war klar, dass nach dem neuen Kopftuchurteil neben einer Welle der Hoffnung von muslimischen Lehrerinnen zugleich auch aus einer anderen Ecke eine Welle der Angst und Empörung auf uns zurollen würde. Da werden Probleme mit Musliminnen vorausgesagt, die zukünftig ihr Recht einfordern werden. Und dann wird gewarnt vor „ungutem Druck“, den Halbwüchsige, die mit Terroristen sympathisieren, auf eine muslimische Lehrkraft ausüben könnten. Entschuldigung, das ist nicht nur realitätsfremd, sondern das größere Problem hierbei wäre wohl mehr die pädagogische Qualifikation der Lehrkraft und weniger deren Kleidung und schon gar nicht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Hier schwingt das schon vielfach widerlegte Vorurteil mit, muslimische Frauen würden zum Kopftuch gezwungen. Richtig ist, dass man das nie vollkommen ausschließen kann, aber es gibt auch muslimische Eltern, die Druck auf ihre Töchter ausüben, das Kopftuch gerade nicht zu tragen. [Da konnte ich noch keine Aufschreie aus der Bevölkerung hören. Eine seltsame Doppelmoral wie mir scheint. Die gleiche Kerbe übrigens, in die auch Frau Kochs Leserbrief schlägt.] Da wird Emanzipation gefordert und wenn selbstbewusste muslimische Frauen sich für ihre Religion und das Kopftuch entscheiden, ist es plötzlich ein „Unterjochungsmechanismus“. Habe ich Sie richtig verstanden? Wenn eine Frau sich aus freien Stücken für einen Lebensstil entscheidet, der nicht Ihren Vorstellungen entspricht, dann ist sie auch nicht emanzipiert? Wenn Männer Frauen unterdrücken, dann ist es egal, ob mit oder ohne Kopftuch. So hat hierzulande jede vierte Frau bereits häusliche Gewalt erfahren. Aber das liegt wohl auch an der Islamisierung des Abendlandes, oder?
ABGEDRUCKT in der Fuldaer Zeitung vom 23. März 2015 unter dem Titel “Da schwingen Vorurteile mit” (in leicht abgeänderter, gekürzter Form)