„Der Streit ist peinlich“ (Leserbrief) – Zu den Artikeln „1400 Bürger wenden sich gegen Bau“, Fuldaer Zeitung vom 14.05.2014 UND „Wuthenow: Wir sind sehr zufrieden“ zur Übergabe der Unterschriften gegen den geplanten Moscheebau in Schlüchtern, Kinzigtal-Nachrichten vom 13.05.2014:
Aus religiöser Sicht erscheint es sinnfrei, eine nicht-muslimische Mehrheit über den Bau einer Moschee abstimmen zu lassen. Das deckt Parallelen zur Türkei auf, wo nicht selten christlichen Neubauten bürokratische Hürden in den Weg gelegt werden. Übrigens mit ähnlichen Argumenten. Und wenn in der Türkei keine Kirchen gebaut werden dürfen, dann in Deutschland doch auch keine Moscheen, oder? Als ich noch klein war, hat mich meine Mama einst gelehrt: Wenn Paul aus dem Fenster springt, springst du dann auch? Kurzum, Deutschland erhebt einen völlig anderen Werteanspruch, als die laizistische Türkei. Dennoch verkommt der Moscheestreit in Schlüchtern zu einem merkwürdigen Politikum. Da ist vom Angriff auf die abendländische Kultur die Rede und es werden Gerüchte über eine vermeintlich überdimensionale Größe der Moschee in Umlauf gebraucht, die in der Folge eine Flut tausender Islamisten anlocken würde, die sich dann in Schlüchtern ansiedelten. Prinzipiell geht es nicht um die Frage nach ausländischen Einflüssen oder Kulturen, sondern schlichtweg um die Religion deutscher Staatsbürger, für die ihre kulturelle Herkunft genauso dazugehört, wie das klare Bekenntnis zu Deutschland und Schlüchtern als Heimat. Den Bau einer Moschee politisch zu instrumentalisieren halte ich deshalb für gefährlich – egal von welcher Richtung. Eine Moschee ist ein Gotteshaus, das auch Christen, Juden, Buddhisten und gerne auch Atheisten offensteht. Die Tatsache, dass man darüber streiten muss, ist peinlich. Aber wenn die Moschee das Stadtbild doch so stört, dann könnte man gemeinsam überlegen, wie die Moschee gestaltet werden kann, z.B. als klassisches barockes Bauwerk.
ABGEDRUCKT in der Fuldaer Zeitung vom 20. Mai 2014 und (in kürzerer Form) in den Kinzigtal-Nachrichten vom 17. Mai 2014, jeweils unter dem Titel “Der Streit ist peinlich”